Sonntag, 27. November 2011

IRONMAN Florida, Nachlese

Am ersten Advent ist es langsam Zeit, den Bericht von Florida mit einer Nachlese zu abzuschließen.

Das Ergebnis ist ein großer Erfolg für mich. Quali und Podium sind die ersehnte Ernte für eine Reise nach Florida nach einem halben Jahr der Vorbereitung. Zur Bestzeit hat es zwar auch gereicht, aber das war, ehrlich gesagt, Voraussetzung für die Erreichung der gesteckten Ziele und das hat nicht so gut geklappt, wie ich es mir erhofft hatte.

Wieso? Die Wettkampfstrecke in Florida ist bekannt für ihre schnellen Zeiten. Außerdem habe ich mich in der Vergangegenheit stetig verbessert, aber nie eine Gelegenheit gehabt, das auch auf einer schnellen Strecke mit einer Bestzeit zu krönen. Mein Potential schätzte ich auf ca. 9:35 Std. in Florida, was ich leider nicht geschafft habe.

Die Gründe dafür fasse ich hier kurz zusammen:

  • Die Schwimmzeit war gut, aber nicht überragend. Die Ergebnisse von vergleichbaren Schwimmern aus dem vergangenen Jahr waren schneller als in diesem Jahr. Andere Strömungsverhältnisse, eine andere Streckenabmessung, die Gründe dafür sind nicht genau festzumachen. Meine Schwimmleistung war ok und wäre vielleicht im Jahr davor 3 Minuten schneller gewesen. Als ich das beim Ausstieg realisierte, hat mich das zwar gewundert, aber nicht negativ motivatorisch beeinflusst. Dafür war die Abweichung auch zu gering. Viel entscheidender war die für mich schlechte Radleistung, die gleich durch zwei Fehler meinerseits verursacht wurde.
  • Ich wusste, dass ich alles riskieren müsste, um die Quali und meine angestrebte Bestzeit zu erreichen. Eine Strategie war, vorhandenes Potential beim Laufen zu nutzen:
    Alle meine vergangenen Marathons zwangen mich nach 10 km zu einem Stop auf einem Dixiklo, was mich jeweils 3,5 bis 4 Minuten kostete. Diesen Stop wollte ich unbedingt in Florida vermeiden und änderte meine Ernährung der letzten 48 Stunden vor dem Rennen. Ich vermied alle ballaststoffhaltigen Lebensmittel. Dumm nur, dass durch das Weglassen die Gesamtmenge der Kalorien litt, d.h. dass ich quasi minderernährt den IRONMAN gestartet bin. Zudem habe ich mein bewährtes Trinkfrühstück, den ULTRA Sports Starter, in Deutschland vergessen. Auch das kostete mich 250 bis 300 Kalorien, die ich am Morgen des Renntages weniger zu mir nahm. Die Folge war nachlassender Raddruck und eine Gesamtwattleistung, die 20 Watt unterhalb meines üblichen Niveaus lag. Ich schätze den darauf zurück zu führenden Zeitverlust auf 10 bis 15 Minuten bei der Radfahrt.
  • Ein weiterer Fehler unterlief mir bei der Wahl meiner Rennkleidung. Die Wettervorhersage sprach von 7 Grad Celsius für den Radstart und 13-14 Grad C für 13:00 Uhr, dem vermeindlichen Ende das Radparts. Entsprechend plante ich meine Wettkampfkleidung und streifte eine dünne gummierte, eng sitzende Radjacke beim Wechsel aufs Rad über. Leider stieg die Temperatur viel schneller an bis auf 22 Grad. In der Folge verlor ich sehr viel Schweiß, den ich zwar mit Flüssigkeiten wie ISO-Drinks und Wasser ausgleichen konnte, aber nicht die verlorenen Mineralien. Das mündete direkt in Krämpfe, die nach 3,5 Stunden in den Oberschenkeln begannen und mich bis zum Ende des Rennen begleiten sollten. Gerade weil Florida im Vergleich zu meinen Hitzerennen viel kühler zu erwarten war, hatte ich die aufzunehmende Mineralmenge auf 50% der "Hawaiidosis" festgelegt und zu wenig Salz mitgeführt bzw. vorher in die Verpflegung gemischt. Die letzten 30 km auf dem Rad waren schlimm. Unterirdische Wattleistung und krampfende Oberschenkel bei Gegenwind waren das Letzte, was ich an dieser Stelle im Rennen gebrauchen konnte.

Warum der nachfolgende Marathon trotz der Krämpfe so viel schneller als sonst war, ist mir unter dem oben Beschriebenen fast unerklärlich. Klar, ich bin in der Vorbereitung etwas mehr gelaufen, weil ich einen Marathon im April anstrebte. Verletzungen verhinderten dies, aber ein wenig ist wohl doch an Substanzaufbau hängen geblieben. Und dann hatte ich meine Läufe in der Vorbereitungsphase schneller als in den Vorjahren absolviert. Wann immer es ging, versuchte ich, ein Tempo von 4:45 Min/km beizubehalten. Mein Gewicht schätze ich auf nur noch 64 kg zu Beginn des Marathons, was sicher auch zur guten Leistung beitrug. Sehr froh bin ich außerdem, dass die schlechte Radleistung meine Psyche nicht demontierte, sondern mit einem zusätzlichen "jetzt erst recht" Gefühl pushte. Lesson learned: Nie aufgeben, solange die Ziellienie nicht passiert wurde!

Das Ergebnis des IM Florida und vor allem die anschließende tolle Laufleistung motiviert mich sehr für die weiteren Rennen. Ich kann es kaum abwarten, in Hawaii am 13. Oktober 2012 in meiner neuen Altersklasse M50 zu starten und um ein gute AK Platzierung zu kämpfen. Top 10 wäre der Traum, aber dafür wäre auch für Hawaii eine weitere persönliche  Bestzeit erforderlich.  Eine "sub 10" reichte 2010 für den 10. Platz in der Ak M50, und dazu fehlten mir in dem selben Jahr noch etwas weniger als drei Minuten. Das Ziel ist klar!

Sonntag, 6. November 2011

Florida, IRONMAN 2011, Raceday

IRONMAN Nr. 11 ist Geschichte. Mein 12. wird an meinem Lieblingswettkampfort Kailua-Kona, Big Island, Hawaii am 13. Oktober 2012 starten. Das heißt mit klaren Worten:

Ich habe die Hawaii-Quali für 2012 in der Tasche und der Tag gestern war ein voller Erfolg für mich!

Hinter der Kulisse war aber längst nicht alles "eitel Sonnenschein"!

Der Start erfolgte unter wolkenlosem Himmel bei sch...kalten Außentemperaturen. Die Wettervorhersage kündigte max. 7-16 Grad während der Radeinheit an. Nach einem für Micha (1:07) und mich (1:04) befriedigendem Schwimmsplit wechselte Michael vollständig in trockene Sachen mit Radtrikot und langer Windweste. Ich entschied mich für eine enge Radregenjacke und streifte sie über mein nasses Skins-Langarmtop, um die Wärme am Körper zu binden.

Der Radpart war aus meiner Sicht eine Katastrophe. Anfangs konnte ich den Raddruck noch wie geplant halten, musste dann aber wg. Pulkbildung immer wieder lockerlassen und bekam bei Meile 40 auch noch ein 4-Minuten Penalty wegen Draftings verordnet. Als in diesem Moment vom nicht erlaubten windschattenfahren Profitierendem war die Strafe für mich ok.

Die Kampfrichter auf der Strecke, 50 Männer und Frauen auf 25 Maschinen, waren wahrhaftig nicht zimperlich mit der Vergabe von Zeitstrafen. Als es mich erwischte, wurde die ganze Gruppe hochgenommen und viele der ca. 12 bis 15 zu dicht aufeinander fahrenden Triathleten meiner Gruppe ereilte das gleiche Schicksal. Alle vier auf der Strecke aufgebauten "Straflager" waren immer gut mit Athleten besetzt; es wurde konsequent durchgegriffen. Das war wohl das krasse Gegenteil des letztjährigen Rennens, d.h. der Veranstalter hat aus der Kritik vom Vorjahr wohl gelernt, gut so.


Kurz bevor ich das Penalty-Tent anfuhr, überholte mich Michael mit einem derart großen Tempounterschied, dass mir Angst und Bange wurde. Zu keinem Zeitpunkt des Tages wäre ich in der Lage gewesen, ihm zu folgen.
 
Nach Ableistung der Strafe, der Wind wehte immer kräftiger und drehte verschiedentlich ungünstig, fühlte ich mich erneut gestraft. Ich fuhr den gesamten Rest der Strecke vollständig alleine, mit gefühlten je 100m Abstand nach vorne und hinten. Vereinzelt kam der eine oder andere Mitstreiter vorbei und ließ mich einfach stehen, während mein Raddruck stark nachließ. Nach 165 km war ich absolut platt und kämpfte mit Krämpfen in den Oberschenkeln. Die letzte 15 km Gerade verlief parallel zur Küste und bot reichlich Gegenwind. Ich fühlte mich erinnert an einen Leistungseinbruch auf dem Rad 2009 in Lanzarote, kein zu diesem Zeitpunkt förderliches Gedankengut.

Nachdem meine Schwimmleistung nicht wie erhofft dichter an der 1:00 Stunden Marke war und ich durch die schlimme Radfahrt weitere 15 Minuten auf meine - zugegebener Maßen sehr optimistisch angepeilte 5:00 Std. Grenze einbüßte - schwand in mir die Hoffnung, das Rennen noch mit einem guten Ergebnis beenden zu können.

Der Verstand aber sagte mir, dass die Ereignisse bei einem IRONMAN ständig wechseln können und sich das Blatt doch noch wenden könnte. Schade nur, dass meine Oberschenkel durch das Radfahren derart kaputt waren, dass sich schon auf den ersten 500m des Marathons weitere Krämpfe bemerkbar machten. Das war keine optimale Ausgangssituation, um das nächste Teilziel, die in-einem-IM-Marathon-Bestzeit um 7 Minuten auf 3:20 Std. zu verbessern.

Egal, dachte ich, no risk, no fun"! Oder: Walken nach einem völligen Einbruch wäre immer noch möglich.
Ich habe stur meiner Tempoanzeige auf der Uhr vertraut und bin 4:40 Min/km angelaufen in der Hoffnung, das Tempo so lange wie möglich durchzuhalten.

Bis 21 km konnte ich die Krämpfe noch gut durch Vermeidung bestimmter Schrittbewegungen und durch kurzfristige Reduzierung des Lauftempos kontrollieren. Danach brauchte ich längere Langsamlaufphasen, um die Kontrolle zu behalten. Jeweils nach den Krampfphasen las ich auf meiner Uhr ab, wieviel Zeit ich auf mein Zieldurchschnittstempo verloren hatte. Dann legte ich sofort etwas mehr Tempo zu, um die "virtuelle Lücke" zuzulaufen. Mein "virtual Partner", eine geniale kleine Simulation auf meinem neuen Trainingscomputer Polar RCX5, zeigte mir zu jeder Zeit exakt an, wieviel ich "hing" oder wie viel zu schnell ich bezogen auf die einprogrammierte Ankunftszeit war.

Bei allem Respekt dem gesamten Rennen und den Teilnehmern gegenüber, diese Uhr hat mich ins Ziel zu meiner persönlichen Laufbestzeit von 3:21:23 gepuscht, weil sich meine Gedanken während des gesamten Laufs auf diesen virtual Partner konzentrierten und ich ständig Angst hatte, dass das abgebildete Männchen links von dem Display verschwinden könnte. Das ließ keinen Platz für andere negative Gedanken, die im Laufe der Rennens wohl jedem einfallen.

Ganz am Ende des Rennens krampften meine Oberschenkel wie vom Blitz getroffen erneut und ich musste 150m vor der Ziellienie erst gehen und konnte mich danach nur noch mit Minischritten vorwärtsbewegen.
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich daran, dass ich es von hier auch krabbelnder Weise schaffen könnte, sofern ich mich fallen lassen würde. Normal in die Knie zu gehen ist bei dem Zustand der Beine keine Option, das war mir klar. So verlor ich noch die eine oder andere Sekunde, schaffte es aber dennoch in persönlicher Gesamtbestzeit (9:49: 20) über die Ziellienie.

Da mich wohl bis auf die Führenden Pro´s auf ihrer zweiten Runde so gut wie kein anderer Läufer auf dem Marathon überholt hatte, war mir klar, dass ich mich vom 21. Platz, mit dem ich die Laufstrecke betrat, verbessert haben müsste. Ich ging zunächst von einem 8. Platz in der Ak aus, aber dann trafen die ersten SMS aus Deutschland ein und es wurde deutlich, dass der gemeldete 5. Platz in der Ak für einen Qualislot in Kona (6 waren es in diesem Jahr für die M45) gereicht hat. Michael hat nach einer starken Radleistung von 5:02 Std. beim Laufen noch schwer gelitten und liegt mit dem 4. Platz in der AK und Platz 62 in der Gesamtwertung vor mir (5./73.). Wir beide sind mit unseren Platzierungen von über 2.500 Startern  und der verdienten Hawaii Qualifikation völlig happy.

Dass die Amis die ersten fünf Plätze auf dem Podium ehren, ist für uns eine weitere Belohnung. Nun ist unsere Platzierung auch in Stein gemeißelt.


Eine Analyse der Leistungen, insbesondere meiner schwachen Radleistung, wird folgen. Meine Laufleistung war trotz der Krampfprobleme derart stark, dass auch das einer näheren Untersuchung bedarf.
Jetzt heißt es aber erst einmal, freuen, "hang loose", nach Hause kommen und allen zu danken, die mitgefiebert und -gehofft haben und durch ihr Daumendrücken zum tollen Ergebnis beigetragen haben. Danke!!

Donnerstag, 3. November 2011

Florida, 1,5 Tage bis zum Raceday

Die Tage schleppen sich dahin. Wir sind mitten in der Raceweek.

Wie immer macht die WTO mit  ihren IRONMAN-Events  eine große kommerzielle Show. Die Merchandizing-Maschine läuft auf Hochtouren. Riesige Trucks mit dem IRONMAN Schriftzug schaffen Material tonnenweise herbei, um es zu vermarkten. In der Spitze standen die Leute weit über 100m an den mit bis zu 6 Kassierern besetzten Kassen an, um Kleidung und Devotionalien aller Art mit dem M-Dot Logo zu erstehen. Das geht wie immer weg wie warme Semmeln. Natürlich werden nur Kreditkarten akzeptiert, das senkt die Hemmschwelle zum Einkauf mit hohen Beträgen noch mehr.

Hinter dem Zaun ist die Wechselzone,
Straße ist Racetrack Bike/Run
Das Wettkampfgelände macht dagegen eine sehr traurige Figur. Für deutsche Verhältnisse undenkbar ist das Veranstaltungszentrum eine riesige, unansehnliche Baustelle. Es gibt keine Fußwege und kaum Parkplätze. Man muss sich entweder zu Fuß durch die Baustelle mit tiefem Sand, seit heute Abend Matsch, oder aber auf der engen Fahrbahn, die kaum Platz für zwei entgegenkommende Fahrzeuge bietet, den Weg bahnen. Ich habe nie einen so schlechten Veranstaltungsort für eine Großveranstaltung im Format eines IRONMAN mit 3.000 Teilnehmern und weit mehr als 10.000 Gästen gesehen. Mehr Bilder sind wie immer im Webalbum. (klick)

Gerade kommen wir zurück vom Wellcome-Dinner. Auch hier zeigte sich der Veranstalter erschreckend nachlässig. Der Speiseraum war viel zu klein für die anströmenden Teilnehmer und die geschätzten 25 Sitzreihen mit 30m Länge wurden so dicht parallel angeordnet, dass kaum an einem Tisch ungestört gegessen werden konnte. In der Folge ist kein Mensch bis zur Mitte der Tischreihe durchgedrungen, was die Enge weiter verschärfte. Micha und ich haben uns einen Platz in der Lobby des gastgebenen Hotels verschafft und waren glücklich, dort wenigstens im Sitzen essen zu können.

Ein-/Ausfahrt zur T1/T2 Wechselzone
Die sich direkt an das Wellcome Dinner anschließende Wettkampfbesprechung artete vollständig zur Quatschbude aus. Der für die Schwimmstrecke Zuständige brauchte sage und schreibe eine ganze Stunde, um lauter Belanglosigkeiten von sich zu geben. Keine Skizze wurde an die Wand projeziert, keine Grafik; auch auf die wichtigen Angaben zum Check-In wartete man vergeblich. Auch der Rad-Marshall hatte nicht mehr Details für die Athleten zu bieten. Es fehlten u.a. Hinweise auf die z.B. die völlig inakzeptable Ein- und Ausfahrt zur Wechslezone durch tiefen Sand etc.; er machte es aber kurz. Den Rest haben Michael und ich uns dann erspart. Die Zeit hätten wir besser zum Relaxen im Appartment verbracht, das wäre effektiver gewesen.

Jetzt sitze ich genau dort und denke darüber nach, was ich anziehen soll wenn ich am Samstag um 8:00 Uhr bei 9 - 11 Grad aus dem 20 Grad warmen Wasser komme und nass aufs Rad wechsle. Nach fünf Radstunden wird die Temperatur auf ca. 16 Grad angestiegen sein.
  • Reicht die USC-Windweste über dem nassen Skins Long-Sleeve Top?
  • Brauche ich Handschuhe?
  • Soll ich die Füsslinge über die Radschuhe stülpen? 
Fragen über Fragen ....