Montag, 11. Oktober 2010

Raceday, der Bericht


  

4:30 Uhr aufstehen, 5:00 Uhr Abfahrt zur Pier, Bodymarking, Reifen aufpumpen, Schwimmanzug an (danke Marco für die Leihe), letze Fotos mit der Familie und ab ins Wasser!
So einfach schreibt sich die Geschichte zum Beginn eines Renntages, der so wie in Hawaii bei fast jedem anderen IRONMAN abläuft. Hier ist das Besondere die Stimmung jedes Einzelnen mit der Gewissheit, dass für fast alle Teilnehmer dieses Event nicht zu toppen sein wird. Was geht in unserer Sportart schon über die IRONMAN Weltmeisterschaft in Hawaii?

So ist es auch besonders, wenn man sich langsam an die Startlinie heranschwimmt, die jetzt nur noch vereinzelt auftretenden Fische ins Auge fasst und einen Blick nach der einen oder anderen Unterwasserkamera riskiert. Wer jetzt noch keine Gänsehaut hatte wurde spätenstens beim Beginn der gesungenen Hymne von Hawaii schwach.
Die Stimmung wechselte von einer Sekunde zur anderen mit dem Startschuss. Hier weiß jeder, der schon einmal in Kailua-Kona gestartet ist, dass das, was folgt, den absoluten Ausnahmezustand wiedergibt. Ist man sonst gewohnt, sich nach kurzer Zeit freizuschwimmen, hängt man hier bis zum Schwimmausstieg im "Pack" und bekriegt sich gegenseitig bei der Wahl der besten Schwimmlinie. Und gut schwimmen können hier die meisten!

Ich hatte ím Gegensatz zu den vergangenen Jahren humane Mitstreiter um mich, d.h. das Gerangel hielt sich in Grenzen und ich konnte weitgehend meine Linie unter Ausnutzung meiner Möglichkeiten schwimmen. Oft suchte und fand ich "schnelle Füße" von einem vor mir schwimmenden Teilnehmer, um Kraft zu sparen.
Schon in der letzten Woche verlief mein Schwimmtraining verheißungsvoll. So war ich richtig happy, als ich nach ca. 1:07 Std. aus dem Wasser kam, glatte 3 Minuten schneller als meine Bestzeit auf dieser Strecke. Ich touchierte zuletzt noch die Füße von Danny, die beim Ausstieg direkt vor mir schwamm, konnte mich aber nicht verständlich machen, um ihr noch gute Wünsche mit auf den Weg zu geben.

Bike Bag aufnehmen, Schwimmanzug aus- und Langarmshirt anziehen, zum Rad laufen, Helm auf, Brille an und barfuß - die Radschuhe fixiere ich immer am Rad - mit der Hand am Rad loslaufen.
Das ging alles ganz flott, aber wg. der Umzieherei, vor allem in das Longsleev-Kompressionsshirt, dauert der Wechsel bei mir etwas länger. Diese Verzögerung nehme ich gerne in Kauf, hatte ich mich doch oft genug unter glühender Sonne derartig verbrannt, dass ich Tage danach noch mit den Auswirkungen zu kämpfen hatte.

Sofort die erste Iso Flasche austrinken, Gel einwerfen, Tempo kontrollieren!

Das sind die wichtigsten Dinge nach jedem T1 Wechsel aufs Rad, nicht nur hier in Hawaii. Basierend auf den Erfahrungen der vergangenen beiden Starts konntrollierte ich den Raddruck intensiv und dosierte nur vorsichtig die Kraft. Laut Marschplan abgeleitet aus meinen Trainingsaufzeichnungen sollten 220 Watt von Anfang bis Ende durchgetreten werden, 10 bzw. 20 Watt mehr im Schnitt als in den vergangenen Jahren auf gleicher Strecke.

Erwartungsgemäß überholten mich anfangs reichlich Triathleten, was mich aber nicht beunruhigte, hat mein ERGOMO Wattleistungsmesser doch immer zuverlässig die Daten geliefert. Bis nach Kawaihae konnte ich die Kraft im erwarteten Bereich gut dosierern, danach folgt ein längeres Stück bergauf und mit Gegenwind nach Hawi. Von hier standen 230-240W auf dem Plan, wissend, dass das Stück zurück durch Gefälle und Rückenwind geprägt sein würde und die getretene Leistung daher geringer ausfällt. So war es dann auch: Starke Windböen fielen erst von der Seite, dann  von vorne über uns her und es gab einige gefährliche Situationen, in denen Radfahrer zu stürzen drohten und mindestens drei in der Abfahrt schwer stürzten, wie wir später erfahren mussten.

Die Bergabfahrt war wie erwartet extrem heikel. Meiner Theorie aus den alten Seglertagen folgend, bei der die auf das Segel (hier: Rad) einwirkende Windkraft bei steigender Geschwindigkeit spitzer auftrifft und demnach weniger Seitendrift verursacht, machte ich mich so klein es ging auf dem Rad und raste in geduckter Aerohaltung mit Höchstgeschwindigkeit den Berg herab massenweise an Fahrern vorbei, die in Oberlenkerhaltung sichtlich nervös mit den Seitenwinden kämpften. Mein Windversatz war deutlich geringer als der der Mitstreiter und mein Rad lag wie ein Brett, so dass ich viele Plätze gutmachen konnte.

Wieder auf dem Queen K´ Highway angekommen, hatte ich noch genug Körner, um das geplante Tempo beizubehalten. Und wie erwartet war ich nun derjenige, der an den anderen vorbei fahren konnte. Mein ERGOMO zeigte zum Schluss 221 W Durchschnittsleistung (225W NP) an und ich wußte, dass ich nicht überzockt hattte und noch genug Energie fürs Laufen aufgespart haben sollte. Da ich mich während der Radausfahrt immer wieder mit neu abgestoppten Intervallen und HF-, TF-, Watt- und Durchschnittswattwerten beschäftigt hatte, fiel mir erst in der Wechselzone ein, dass die Radstrecke mit einer Bombenzeit für mich geendet hatte.

Barfuß vom Rad springen, Aufnahme des Run-Bags, rein ins Wechselzelt, Socken und Laufschuhe an, Fuel-Belt mit den präparierten Gel-/Salzflaschen umlegen und los auf die Laufstrecke!
Der Lauf gestaltete sich am Anfang etwas schwierig. Ich war zwar schnell unterwegs, aber ich hatte kein so gutes Laufgefühl. So musste ich noch bis nach einem Dixi-Stopp bei KM 8 warten, bis sich die Beine einigermaßen gut anfühlten. Richtig rund fühlte es sich erst an, als ich die Steigung der Palani Road hinter mir hatte und ich mich in die Lava-Wüste zum Energy Lab aufmachte. Auf halber Strecke wendete ich an diesem Tag erstmals meine bewährte Taktik an: "Gehen in den Verpflegungszonen zur sorgfältigen Eis- Wasser- und Nahrungsaufnahme und unmittelbares Wiederanlaufen nach Erledigung des Notwendigen". Als Pace für die Strecken zwischen den Stationen wählte ich 4:45 Min/Km, was auf einen 3:30 Std. Marathon abzielen sollte.
Während des Marathons kam mir immer wieder in den Sinn, das "Gesamtsystem Dirk" zu checken und stellte immer wieder fest, dass alles im grünen Bereich war. Zwar fühlten sich die Fußsohlen nach KM 35 schon reichlich schmerzhaft an, aber solche Erscheinungen bereiten nicht wirklich Sorgen angesichts des nahenden Wettkampfendes.
Kurz vor Einbiegen in die Palani Road stellte ein deutschsprachiger Triathlet fest, dass die Endzeit wohl knapp über 10 Std. betragen würde, ein für mich bis zu diesem Zeitpunkt auf dieser Strecke nicht für möglich gehaltener Wert. Zwar hätten meine Zwischenzeiten schon früher die Erkenntnis bringen können, aber meine Rechenkünste nahmen, das kannte ich schon von mir, progressiv mit zunehmender Renndauer ab. Der "Homerun" auf dem Alii Drive gestaltete sich noch einmal schwierig, weil ich vor lauter Euphorie wohl das Tempo der letzten 1.000 m zu sehr gesteigert hatte. Keine 300 m vor der Ziellinie meldeten die Waden entsprechenden Großalarm an und versagten mit Krämpfen fast noch ihren Dienst. Ich nahm wieder etwas Geschwindigkeit raus und konzentrierte mich darauf, gut und aufrecht die Ziellinie zu passieren.
 

Noch 120 Meter ...
 

... 75 Meter ...


  
Die Freude war riesig!

  
... geschafft!

Resümee

  • Gesamtzeit:10:02:53 Std.
  • Schwimmen 1:07: 47
  • Radfahren: 5:19:13
  • Lauf: 3:29:12
  • Platz 482 in der Gesamtwertung,
  • Platz 32 Altersklasse.
Ich habe alle Ziele für Hawaii 2010 erreicht; auch die, die ich mir nicht vorgenommen hatte. Im Vorwege hätte ich mir eine Platzierung unter den Top 500 nicht vorstellen können. Alle Teilstrecken, angefangen beim Schwimmen über das Radfahren und das Laufen schlugen jeweils meine optimistischsten Erwartungen. Ich kann das nur erklären mit einem absolut perfekten Tag, einer glücklich gelungenen Trainings- und Taperphase sowie mit dem optimalen Pacing- und Ernährungskonzept. Hoffentlich klappt auch in Zukunft ein ähnliches Rennen, bei dem mir im Nachhinein keine Verbesserung einfallen könnte.
Und so freue ich mich auf eine Zukunft mit weiteren Rennen und ähnlich schönen Glücksgefühlen. 



Mittwoch, 6. Oktober 2010

Hawaiisplitter ... Fortsetzung

Stand die erste Woche in Hawaii unter den Vorzeichen der Akklimation und des finalen Trainings, stehen in der Wettkampfwoche für uns eher hardcorechillen, shoppen und studieren des neusten Triathletenbedarfs auf dem Programm.

Die IRONMAN-Messe eröffnete am Dienstag mit dem feierlichen Einzug der Nationenparade ihre Pforten und eröffnete das - zugegebener Maßen nicht ganz preisgünstige Schlaraffenland - für kaufwütige Triathleten.
Hier geht alles weg wie warme Semmeln, was den Aufdruck "IRONMAN 2010" trägt. Armbanduhren, Sport- und Freizeitkleidung, Rucksäcke, Sticker, Kaffebecher und Devotionalien bis zum Hundehalsband, -leine und fressnapf finden hier ihre Käufer.
Letzteres wurde gleich am Digme-Beach präsentiert.

Der Digmebeach gleicht langsam einem Tollhaus. Aus der in der vergangenen Woche noch gemütlichen Startmeile ist eine Massenankunft mit hektischem Treiben von 6:00 Uhr bis 10:00 Uhr geworden. Hier gilt es offenbar den Mitstreitern zu zeigen, wie toll es um seine eigene Fitness gemessen am Körperbau bestellt ist oder ggf. Respekt eingeflößt zu bekommen.
Zum Glück weiß ich, dass Muskelberge in der Regel keine großen Läufer sind und ich mit meiner überschaubaren Muskelmasse zumindest auf der Laufstrecke einen leichten Vorteil haben werde.


In der Zwischenzeit haben wir uns auch mit anderen Mitbewohnern symbiotisch gut gestellt. Der kleine Hausgecko ist uns schon bei Einzug aufgefallen. Dass dieses kleine Wesen allerdings Gefallen an Koffeinflecken auf dem Fußboden der Veranda fand, entdeckten wir erst heute. Mit Genuss schlürfte er die Tropfen vom Boden, die beim Einschenken der Tassen entstanden. Natürlich haben wir auf das auf die SD-Karte gebrannt.

Montag, 4. Oktober 2010

Trainingsabschluss

Zum offiziellen Abschluss unseres Trainings entschlossen , eine längere Anreise mit dem Auto nach Hawi, dem äußersten Wendepunkt der Radstrecke jenseits der Lavawüste, in Kauf zu nehmen. Dafür packten Danny, Micha und ich unsere Räder in den Van und fuhren begleitet von Asdis, Anjuli und Thomas früh am Morgen los.

Doch bevor wir aufs Rad wechselten, schoben wir eine touristische Aktivität ein. Die Straße führte über Hawi hinaus bis zum Polulou Valley Aussichtspunkt. Von hier hatten wir in tropischer Umgebung einen herrlichen Blick über die nord-östliche Spitze von Big Island.

Nach einem kurzen Stopp in Hawi mit Chai-Latte, Cappuchino und Bananabred-Muffins ging es endgültig los. Das Besondere an diesem Teilstück der Strecke sind die in den meisten Fällen extistierenden Windbedingungen. Heftigst bläst dieser den Radfahrern bis zum Wendepunkt entgegen, dann wieder in den Rücken, um kurze Zeit später seitlich, überwiegend stark böig, das Radeln schwer zu machen. Nicht selten ereignen sich dadurch vor allen bei den leichteren und unvorsichtigen Radlern schwere Stürze.

Freitag, 1. Oktober 2010

Materialcheck

Nachdem wir schon alle einen Platten bei der einen oder anderen Ausfahrt mit dem Rad auf dem Queen K´ Highway erlitten haben, können wir bestätigen, dass das Vittoria PitStop (Ein Flüssigdichtmittel, welches nach Defekt mittels eines Druckluftsprays den platten Reifen befüllt) seinen Zweck bravourös erfüllt. Ein Wermutstropfen sind die Nachkaufkosten: 15 $ pro platten Reifen sind kein billiges Vergnügen.

Die IRONMAN-Rechteinhaberin WTC aus Florida hat uns Triathleten eine Überaschung beschert, indem sie durch eine Neudefinition der Schwimm-Ausrüstungsregeln die bewährten Schwimmanzüge, im Triavolksmund Speedsuits genannt, verboten hat, um gleich darauf anders gearbeitete Schwimmanzüge zuzulassen.
Die Anzughersteller reiben sich die Hände und werfen in Massen neue, den aktuellen Regularien entsprechende Anzüge für viel Geld auf den Markt. Uns bleibt nur, das neue Material zu testen, um am Tag des Wettkampfes das Gefühl zu haben, wettbewerbsfähig zu sein.
Die aktuelle Mode wird präsentiert von den Models Micha, Danny und Dirk.