Einen Tag später bin ich immer noch aufgeregt von den Eindrücken des Vortages, und von seinen Folgen. Nun steht zum 3. Mal nach 2007 und 2008 der IRONMAN Hawaii im Oktober auf dem Plan. Doch erstmal zum Rennen.
Ungewöhnlich spät, um 7:45 Uhr wurden wir nach dem üblichen Check In und dem Bodymarking auf die Schwimmstrecke entlassen. Wie auch in Hawaii gibt es eine lange Gerade mit 1.850m Länge, die hin- und zurückgeschwommen wurde. Das Besondere an dieser Strecke sind die Unwägbarkeiten mit der Strömung, die diesmal eine nur sehr langsame Schwimmzeit möglich machte sowie der Gefahr, Feuerquallen in die Tentakel zu schwimmen. Mich erwischten sie nur schwach an einer Wade und einem Fußknöchel, andere hatten weniger Glück. Dietrich hat ein riesiges Feuermahl am Hals davongetragen mit der Folge schwerer Übelkeit auf der gesamten folgenden Rennstrecke. Noch im Ziel musste er behandelt werden.
Nach 1:13:36 Std. erreichte ich den rettenden Ponton, von dem wir ins Wasser gestiegen waren und legte einen geplanten, ausführlichen Wechsel ein. Neben dem Überziehen meines Langarmkompressionsshirts zur Verhinderung von Sonnenbrand (man lernt ja dazu) und zur Kühlung war es mir wichtig, mich sorgfältig mit Sonnencreme einzuschmieren und schon in T1 zu trinken. Das der Auftrag der Sonnencreme schlussendlich einer Kriegsbemalung gleichkam, war nicht mein vordringliches Ziel.
Der Radpart war spannend. Da die Strecke grob in einen flachen und einen welligen Teil eingeteilt werden kann, lautete meine Taktik, immer auf einem ausgeglichenen Wattleistungsniveau zu treten. Das hatte zur Folge, dass ich auf dem geraden Streckenabschnitten und den Downhillpassagen verhältnismäßig schneller, auf den bergan führenden Abschnitten deutlich langsamer war als viele andere. Mein Kalkül war, dass sich alle aus den Schuhen fahren und ich auch im letzten Raddrittel noch genügend Reserven habe, um zu überholen. Und der Plan ging perfekt auf. Die letzten 60km habe ich immer noch "meine" 220W treten können und die meisten, die mich anfangs noch häufiger berghoch überholten, blieben weit zurück. Über 5.000 km auf der Rolle im Keller und weiteren 700 km auf Mallorca im Januar sei Dank, dass ich meine Kraft gut einschätzen und dosieren konnte. Das war rückblickend meine beste Leistung auf dem Rad, die ich bislang in einem Rennen abrufen konnte.
Sehr ärgerlich war auf meiner vierten von vier Runden, dass zwei von drei Aid-Stations keine Getränke mehr hatten. Mir tun alle Athleten leid, die völlig trocken hinterherfuhren und in größte Schwierigkeiten bei den tropischen Temperaturen kamen.
Für den 2. Wechsel von der Rad- auf die Laufstrecke ließ ich mir wieder viel Zeit, wissend, dass die größte Herausforderung noch vor mir lag. Meine Taktik war, jeweils bis an die Aid-Stations zu laufen, Nahrung und Wasser im Gehen aufzunehmen und sofort wieder loszulaufen. Der fünf Runden Kurs war dafür ideal, barg nur die Gefahr, wegen der sehr vielen Aid-Stations das Tempo insgesamt zu sehr herunterzuziehen. Natürlich hätte ich auch einzelne Stationen auslassen können, aber das erzähle einer seinem Kopf, wenn man ohnehin schon "am Poller" ist. Kurzum, ich habe an jeder Aidstation gestopt, habe Eis vorne und hinten in mein Trikot geschüttet, bis die Würfel beim Laufen am Pulsgurt klapperten. Dazu habe ich jede Menge Schwämme über meinem Körper ausgedrückt und mein Shirt nassgehalten, um von der Verdunstungskälte zu profitieren. Die Kompressionseigenschaften des Shirts halfen, das Eis länger im oberen Körperbereich festzuhalten, was einen guten Effekt ergab.
Nach vier von fünf Runden war ich eigentlich erledigt. Nur mit sehr viel Mühe konnte ich mich noch auf den Beinen halten und von Station zu Station hangeln. Und dann rief mir Asdis zu, von Hilton per SMS über meine Platzierung unterrichtet, dass ich auf dem besten Weg sei, meine Altersklasse zu gewinnen. Was soll ich sagen, erst konnte ich es kaum glauben, danach hatte ich nur noch Angst! Ich war so fertig, dass ich - vorher über eine dauerhafte Geheinlage bis ins Ziel nachdenkend - nun nicht mehr riskieren konnte, die Position zu verlieren. Ich hatte natürlich auch keine Ahnung, dass der zweite meiner Altersklasse eine halbe Stunde zurücklag. Es war das Grauen! Fast in Trance habe ich mich in den folgenden 10 km von Station zu Station gehangelt, bin immer wieder auf eine 4:45 bis 5:00 Min/km Geschwindigkeit angelaufen, hab rausgenommen, Eis ins Shirt gekippt, Cola getrunken, Schämme gedrückt und von besseren Zeiten geträumt. Und es hat schlussendlich gereicht! Ich hab die Ziellinie überschritten und dachte noch, als AK Sieger müsse ich jetzt den Zielbanner in die Höhe drücken.
Weitere Einzelheiten vom Zieleinlauf in den Kanal und davor habe ich nicht mehr. Ich war völlig erledigt und wurde gleich vom medizinischen Personal einkassiert. Es folgte ein Gesundheitscheck mit EKG und Blutdruckmessung, Messung der Körpertemperatur (39 Grad!) und des Gewichtes (+2KG!!). Wegen der vielen Aidstations habe ich wohl zuviel getrunken.
Nach einer Stunde im Med-Bereich incl. Massage ging es mir wieder besser und ich habe realisiert, dass das mein erster AK-Sieg in einem IRONMAN Rennen war. Das, wie auch ein 25. Gesamtplatz, war für mich außerhalb des Vorstellbaren, als ich hier anreiste. Nun freue ich mich auf die Awardsparty und die Slotvergabe.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen