Ich nahm das von zuhause mitgenommene Trinkfrühstück und einen PowerBar Riegel ein und öffnete die Flasche Gatorade, die vor dem Start noch konsumiert werden sollte.
Der Essensplan für das Rennen lautete wie folgt:
- Schwimmen: max. 3 volle Züge Meerwasser
- Rad je Std.: 0,7l Gatorade, nach 20 Min 1 Gel, nach 30 Min 1 Mineraltablette, nach 40 Min 1 Gel, 0,5 l Wasser Rad Gesamt bei 5:40 h = 12 Gels, 3,5l Gatorade, 3 l Wasser
- Laufen: 2*4 Gels mit 2*4 * 0,25 Gramm Salztabletten in Wasser aufgelöst in 2 Flaschen im Trinkgürtel + 1,2 -1,5 l Wasser / Std.
Das Schwimmen war schon ein Abenteuer. Ich hatte noch keine Erfahrung, Rennen ohne Neopreenanzug zu schwimmen und richtete mich auf eine deutlich langsamere Schwimmzeit als gewohnt ein. Als ich nach viel Prügelei über 2/3 der Strecke im Wasser endlich meine normalen Züge machen konnte, habe ich mit einer schnellen Zeit schon nicht mehr gerechnet.
Als ich dann aber beim Ausstieg wahrnahm, dass erst wenig mehr als 1:10 Std. vergangen war, habe ich mich schon sehr gefreut.
In der Wechselzone war ich recht fix rein wie raus, weil ich meinen Rennanzug unter dem Schwimmdress trug und damit das Umkleidezelt umlaufen konnte. Leider habe ich dabei den "Sonnencremeeinschmierdienst" verpasst. Vor dem Schwimmen noch im Hotel hatte ich jedoch schon eine Grundlage mit 50er Creme geschaffen und am Rad war vorsorglich auch ein Depot mit Creme eingerichtet.
Da ich in der großen Masse anlandete, waren gleichzeitig mit mir viele andere Triathleten aufs Rad gewechselt und in mehreren größeren Pulks nach Hawi gestartet. Erst nach Durchgreifen der Wettkampfrichter mit der Verteilung von Zeitstrafen wurden die Verhältnisse fairer. Ich hielt mich zurück und versuchte, das Rennen gut einzuteilen und vor allen Dingen meinen Ernährungsplan abzuarbeiten. Dabei stellte ich fest, dass die Flüssigkeitsaufnahme doch umfangreicher ablief als geplant, d.h. je Std. war eine halbe Flasche mehr Gatorade oder Wasser aufzunehmen. Die stark ansteigenden Temperaturen machten es erforderlich und mein Magen nahm dies dankbar auf.
Nach etwas mehr als 3 Std. bin in Hawi angekommen und war schon ein wenig geschockt!
So langsam hatte ich mir das Ganze nicht vorgestellt, obwohl mir klar war, dass der Gegenwind und die Hitze einen Vergleich mit anderen Kursen nicht zulassen (mit durchschnittlich 210 Watt genau 13 Watt unter meiner Frankfurter Rad(Watt)leistung). So bin ich zunächst mit Rückenwind und kräftigem Tritt Richtung Kona gestartet, konnte den Pedaldruck aber nicht lange halten. Verbissene Versuche nach vorne zu fahren und mich an Wettbewerbern vorbeizudrücken waren Kräfte zehrend und einmal auch mit einer "Penaltystrafe" belegt worden, weil ich mehr als 20 Sekunden für einen Überholvorgang gebraucht haben soll.
Sei's drum, ich habe die Kurz-Anhalten-und-Brandmarken-Strafe angenommen und mich auf das vor mir liegende Rennen konzentriert, ohne mich lange zu grämen. Gleiches tat ich auch, als mir gleich zweimal an unterschiedlicher Stelle der Radstrecke die Kette neben Rahmen und Ritzel fiel. Ich hielt emotionslos an, behob den Schaden und setze meine Fahrt fort, ohne groß nachzudenken. Zu sehr kümmerte ich mich um die akribische Annahme der angereichten Gels und Flüssigkeiten sowie die Einnahme derselben nach meinem Plan. Die Hitze habe ich übrigens nicht so sehr wahrgenommen, wie ich vorher befürchtet habe.
Als nach mehr als 5:48 Std. die Radfahrt dem Ende zuneigte, habe ich mich auf den Wechsel konzentriert, der ebenso schnell ablaufen sollte, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.
Es sollte mein erster Marathonlauf in Kniestrümpfen (Stützstrümpfen) folgen. Davon versprach ich mir eine stabilisierende und Blutkreislaufförderliche Funktion. Die Stützstrümpfe sind für alle Nichteingeweihten DER Trend der Saison! Erwartungsgemäß war es nicht so einfach, die geschwollenen feuchten Füße in die engen Strümpfe zu zwängen. Als aber erstmal die Schuhe angezogen waren, war das Gefühl schon gut. Ich rannte diesmal zum Sonnencreme-Volunteer, der mit einem Kanister auf dem Rücken und einem Zerstäuber in der Hand wie ein Insektenschutzsprühmann aussah. Er wies mich an, mich um die eigene Achse zu drehen um mich von Kopf bis Fuß einzusprühen. Schon hier zeigte sich der erste Vorteil der neuen Strümpfe, da er beim Knie aufhören konnte mit dem Sprühen ;-)
Ich lief los und wurde sogleich wieder von vielen überholt. Der Blick auf meine Uhr zeigte 4:40 - 4:50 Min/km, viel zu schnell für meine angepeilte Zeit und sicher zu schnell für die meisten, die vorbeiliefen und die ich fast alle später beim Überholen wiedersah. Also bremste ich mich und besann mich auf meinen Tempo- und Ernährungsplan. Ich wollte keinesfalls schneller als 5Min/km anlaufen und mir in den Verpflegungszonen Zeit für die Wasser und die Eisaufnahme nehmen. Jedes Mal wenn eine Station nahte, nahm ich einen Schluck von meinem Gel/Salz/Wasser-Gemisch aus einer der beiden Flaschen meines Trinkgürtels in dem Mund. Als erstes griff ich nach Wasser, um den Zaubertrank in den Magen zu befördern, zwei weitere Schlücke zur Flüssigkeitsergänzung. Dann griff einen weiteren Becher und goss ihn über Kopf und Körper, griff einen nächsten Becher mit Eiswürfeln und schüttete ihn vorne und hinten in das eng anliegende Oberteil sowie in das Cap, um die Eiswürfel mit dem Cap auf dem Kopf zu fixieren. Wenn dann noch ein Becher Wasser angereicht wurde, schüttete ich ihn mir ebenfalls über den Körper. Während dieser Zeit von ca. 15-20 Sekunden ging ich, um anschließend sofort wieder anzulaufen. Das Vorstehende wiederholte sich alle 10 - 15 Minuten. Ein gutes Zeichen für ein ausreichendes Ernährungskonzept war, dass ich zweimal zwecks Austreten anhalten musste. Dass mich ein Stopp davon ausführlicher auf einem Dixi-Klo festhielt, führte ich auf die großen Mengen kohlehydratreichen Gels zurück, die seit über 8 Std. einnahm. Deshalb war ich auch nicht beunruhigt.
Der Marathon verlief eigentlich unspektakulär und war nur unterbrochen von den vorstehenden Ernährungsstopps. Zu jeder Zeit empfand ich den Lauf zwar anstrengend, aber keinesfalls überfordernd. Das Selbstchecksystem, welches permanent im Hinterkopf alle belasteten Funktionen abfragt wie Füße, Beine, Magen, Atmung, Sehnen, Bänder, aufrechte Haltung (bei mir sehr wichtig) meldete zu keiner Zeit Alarm. So konnte ich in Teilen den Lauf genießen, die Landschaft in mich aufsaugen, mich des IRONMAN Hawaii bewusst werden und nach Asdis Ausschau zu halten.
Das sich schon abzeichnende Ziel "Daylightfinisher" vor Augen (bis Sonnenuntergang um 18:00 Uhr, entspricht 11 Std. Rennzeit) gab für mich das Sahnehäubchen zu einem tollen Rennen, das sicher auch schwerer hätte sein können, aber zum Glück für mich nicht war. Die Balance zwischen Kalorienzufuhr und Verbrauch, Flüssigkeitsaufnahme und Abgabe kann sehr schnell gestört sein mit fatalen Folgen für das weitere Renngeschehen.
Der Zieleinlauf war phänomenal. (Video) Zuschauermassen waren zwar nicht so groß wie in Roth oder in Frankfurt, dafür aber umso lauter. Wir genossen nach kurzem Zwischenstopp im Hotel weitere 3 Stunden auf der Tribüne bis Mitternacht, wie die letzten echten Helden, Senioren, Behinderte und weniger gut trainierte ins Ziel applaudiert, geklatscht und auch gebrüllt wurden. Die Show der Moderatoren bleibt unvergesslich.
Asdis hatte auch einen sehr anstrengenden langen Tag mit sengender Sonne, Hitze und Stunden langem Stehen gehabt. Auf der Rad- und auf der Laufrunde sowie im Ziel konnte ich sie gut erkennen. Für sie war besonders stressig, mich an den verabredeten Stellen abzupassen als Versicherung, dass ich weiter im Rennen bin. Als sie mich einmal nicht sah, half nur eine SMS-Nachfrage bei Anjuli, die auf dem Tracker von ironmanlife.com meinen aktuellen "alife"-Status durchgeben konnte.
Ich bin einfach happy, dass für mich diesmal der Plan aufgegangen ist uns freue mich nun mit Asdis auf einen erholsamen 2. Teil der Reise nach Maui.
Mahalo, Dirk
PS. Den Bericht verfasse ich erst heute am Dienstag, dem 3.Tag nach dem Rennen. Der Sonntag war geprägt durch zwei eindrucksvolle und Erlebnisreise Events. Unser Reiseveranstalter Hannes hat uns auf eine Bootstour auf den Pazifik eingeladen, bei der wir unter Huladarbietungen, Buffet und Drinks die Wunden lecken und Delphine beobachten konnten. Gleich danach erfolgte die Abschlussfeier des IRONMAN-Events mit einer riesigen Videodarbietung und unzähligen Reden, Belobigungen und Ehrungen für Teilnehmer und Helfer.
Gestern um 7:00 Uhr holte uns der Bus zur Inselrundfahrt ab. 12 Stunden lang haben wir die verschiedenen Klimazonen auf Big Island bereist, von kalt zu heiß, von windig zu drückend, vom tropischen Regenwald bis zur Wüste bietet Hawaii einfach alles.
Vergesst alle Hintergrundbilder die ihr auf den Rechnern habt, es gibt fantastische neue Wallpapers nach unserer Rückkehr ;-)
PPS: Wer will, kann Photos unter http://www.asiorders.com/view_event.asp?EVENTID=16944 nachsehen. Es hilft die Eingabe meines Nachnamens oder der Startnummer 637.
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