Sonntag, 6. November 2011

Florida, IRONMAN 2011, Raceday

IRONMAN Nr. 11 ist Geschichte. Mein 12. wird an meinem Lieblingswettkampfort Kailua-Kona, Big Island, Hawaii am 13. Oktober 2012 starten. Das heißt mit klaren Worten:

Ich habe die Hawaii-Quali für 2012 in der Tasche und der Tag gestern war ein voller Erfolg für mich!

Hinter der Kulisse war aber längst nicht alles "eitel Sonnenschein"!

Der Start erfolgte unter wolkenlosem Himmel bei sch...kalten Außentemperaturen. Die Wettervorhersage kündigte max. 7-16 Grad während der Radeinheit an. Nach einem für Micha (1:07) und mich (1:04) befriedigendem Schwimmsplit wechselte Michael vollständig in trockene Sachen mit Radtrikot und langer Windweste. Ich entschied mich für eine enge Radregenjacke und streifte sie über mein nasses Skins-Langarmtop, um die Wärme am Körper zu binden.

Der Radpart war aus meiner Sicht eine Katastrophe. Anfangs konnte ich den Raddruck noch wie geplant halten, musste dann aber wg. Pulkbildung immer wieder lockerlassen und bekam bei Meile 40 auch noch ein 4-Minuten Penalty wegen Draftings verordnet. Als in diesem Moment vom nicht erlaubten windschattenfahren Profitierendem war die Strafe für mich ok.

Die Kampfrichter auf der Strecke, 50 Männer und Frauen auf 25 Maschinen, waren wahrhaftig nicht zimperlich mit der Vergabe von Zeitstrafen. Als es mich erwischte, wurde die ganze Gruppe hochgenommen und viele der ca. 12 bis 15 zu dicht aufeinander fahrenden Triathleten meiner Gruppe ereilte das gleiche Schicksal. Alle vier auf der Strecke aufgebauten "Straflager" waren immer gut mit Athleten besetzt; es wurde konsequent durchgegriffen. Das war wohl das krasse Gegenteil des letztjährigen Rennens, d.h. der Veranstalter hat aus der Kritik vom Vorjahr wohl gelernt, gut so.


Kurz bevor ich das Penalty-Tent anfuhr, überholte mich Michael mit einem derart großen Tempounterschied, dass mir Angst und Bange wurde. Zu keinem Zeitpunkt des Tages wäre ich in der Lage gewesen, ihm zu folgen.
 
Nach Ableistung der Strafe, der Wind wehte immer kräftiger und drehte verschiedentlich ungünstig, fühlte ich mich erneut gestraft. Ich fuhr den gesamten Rest der Strecke vollständig alleine, mit gefühlten je 100m Abstand nach vorne und hinten. Vereinzelt kam der eine oder andere Mitstreiter vorbei und ließ mich einfach stehen, während mein Raddruck stark nachließ. Nach 165 km war ich absolut platt und kämpfte mit Krämpfen in den Oberschenkeln. Die letzte 15 km Gerade verlief parallel zur Küste und bot reichlich Gegenwind. Ich fühlte mich erinnert an einen Leistungseinbruch auf dem Rad 2009 in Lanzarote, kein zu diesem Zeitpunkt förderliches Gedankengut.

Nachdem meine Schwimmleistung nicht wie erhofft dichter an der 1:00 Stunden Marke war und ich durch die schlimme Radfahrt weitere 15 Minuten auf meine - zugegebener Maßen sehr optimistisch angepeilte 5:00 Std. Grenze einbüßte - schwand in mir die Hoffnung, das Rennen noch mit einem guten Ergebnis beenden zu können.

Der Verstand aber sagte mir, dass die Ereignisse bei einem IRONMAN ständig wechseln können und sich das Blatt doch noch wenden könnte. Schade nur, dass meine Oberschenkel durch das Radfahren derart kaputt waren, dass sich schon auf den ersten 500m des Marathons weitere Krämpfe bemerkbar machten. Das war keine optimale Ausgangssituation, um das nächste Teilziel, die in-einem-IM-Marathon-Bestzeit um 7 Minuten auf 3:20 Std. zu verbessern.

Egal, dachte ich, no risk, no fun"! Oder: Walken nach einem völligen Einbruch wäre immer noch möglich.
Ich habe stur meiner Tempoanzeige auf der Uhr vertraut und bin 4:40 Min/km angelaufen in der Hoffnung, das Tempo so lange wie möglich durchzuhalten.

Bis 21 km konnte ich die Krämpfe noch gut durch Vermeidung bestimmter Schrittbewegungen und durch kurzfristige Reduzierung des Lauftempos kontrollieren. Danach brauchte ich längere Langsamlaufphasen, um die Kontrolle zu behalten. Jeweils nach den Krampfphasen las ich auf meiner Uhr ab, wieviel Zeit ich auf mein Zieldurchschnittstempo verloren hatte. Dann legte ich sofort etwas mehr Tempo zu, um die "virtuelle Lücke" zuzulaufen. Mein "virtual Partner", eine geniale kleine Simulation auf meinem neuen Trainingscomputer Polar RCX5, zeigte mir zu jeder Zeit exakt an, wieviel ich "hing" oder wie viel zu schnell ich bezogen auf die einprogrammierte Ankunftszeit war.

Bei allem Respekt dem gesamten Rennen und den Teilnehmern gegenüber, diese Uhr hat mich ins Ziel zu meiner persönlichen Laufbestzeit von 3:21:23 gepuscht, weil sich meine Gedanken während des gesamten Laufs auf diesen virtual Partner konzentrierten und ich ständig Angst hatte, dass das abgebildete Männchen links von dem Display verschwinden könnte. Das ließ keinen Platz für andere negative Gedanken, die im Laufe der Rennens wohl jedem einfallen.

Ganz am Ende des Rennens krampften meine Oberschenkel wie vom Blitz getroffen erneut und ich musste 150m vor der Ziellienie erst gehen und konnte mich danach nur noch mit Minischritten vorwärtsbewegen.
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich daran, dass ich es von hier auch krabbelnder Weise schaffen könnte, sofern ich mich fallen lassen würde. Normal in die Knie zu gehen ist bei dem Zustand der Beine keine Option, das war mir klar. So verlor ich noch die eine oder andere Sekunde, schaffte es aber dennoch in persönlicher Gesamtbestzeit (9:49: 20) über die Ziellienie.

Da mich wohl bis auf die Führenden Pro´s auf ihrer zweiten Runde so gut wie kein anderer Läufer auf dem Marathon überholt hatte, war mir klar, dass ich mich vom 21. Platz, mit dem ich die Laufstrecke betrat, verbessert haben müsste. Ich ging zunächst von einem 8. Platz in der Ak aus, aber dann trafen die ersten SMS aus Deutschland ein und es wurde deutlich, dass der gemeldete 5. Platz in der Ak für einen Qualislot in Kona (6 waren es in diesem Jahr für die M45) gereicht hat. Michael hat nach einer starken Radleistung von 5:02 Std. beim Laufen noch schwer gelitten und liegt mit dem 4. Platz in der AK und Platz 62 in der Gesamtwertung vor mir (5./73.). Wir beide sind mit unseren Platzierungen von über 2.500 Startern  und der verdienten Hawaii Qualifikation völlig happy.

Dass die Amis die ersten fünf Plätze auf dem Podium ehren, ist für uns eine weitere Belohnung. Nun ist unsere Platzierung auch in Stein gemeißelt.


Eine Analyse der Leistungen, insbesondere meiner schwachen Radleistung, wird folgen. Meine Laufleistung war trotz der Krampfprobleme derart stark, dass auch das einer näheren Untersuchung bedarf.
Jetzt heißt es aber erst einmal, freuen, "hang loose", nach Hause kommen und allen zu danken, die mitgefiebert und -gehofft haben und durch ihr Daumendrücken zum tollen Ergebnis beigetragen haben. Danke!!

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